Foto zum Thema Organspende von Reiki HetzerBild von Magdalena Hetzer

Leserbeitrag Organspende

Leserbeitrag zum Thema „Organspende“, Reiki Magazin 1/17, Seite 34

Man muss erst so manches gelernt haben, ehe man über die Handlungsweise eines Anderen richtig urteilen kann(Mark Aurel).

Mit großem Interesse habe ich die Rezension des Buches von Hans Stolp „ Organspende. Übertragen Organe Bewusstsein?“ im letzten Reiki Magazin auf Seite 34 gelesen. Für diese Rezension bin ich sehr dankbar. Sie hat mich so überzeugt, dass ich dieses Buch bestimmt nicht lesen möchte. Die Inhaltsdarstellung zeigt mir, dass das Buch alles andere, als eine gute Information „über die Zusammenhänge rund um dieses wichtige, jeden betreffende Thema!“, ist.

Der Autor des Buches Hans Stolp, ein niederländischer Pfarrer, stellt zuerst die „Art und Weise, wie der Staat mit Organspenden umgeht“ in Frage und erklärt die Entstehung des Begriffs „Hirntod“ als eine Lüge.

Abgesehen von der beleidigenden Wortwahl, ist es nicht klar, welchen Staat Herr Stolp meint. Bevor ein Text dieser Art weiter empfohlen wird, sollte man dem Leser zuerst die wichtigen und aktuellen Fakten zum Thema „Organtransplantation“ präsentieren. Ich kann mir vorstellen, dass viele von den Reiki Magazin Lesern noch nie mit dem Thema Organtransplantation konfrontiert waren und anhand dieser Lektüre sind sie auf dem besten Weg, sich eine vollkommen falsche Meinung über dieses sehr komplexe Thema zu bilden.

In jedem Land gibt es eine unterschiedliche Organtransplantationsgesetz Regelung. In Bundesrepublik Deutschland gibt es seit 1997 ein Transplantationsgesetz (TPG), 2007 durch ein Gewebegesetz ergänzt, 2012 reformiert und 2016 um ein Transplantationsregister (Prozessablauf in der Transplantationsmedizin) erweitert. TPG stellt eine hinreichende und tragfähige rechtliche Basis für die Organentnahme und Organspende dar. Es hat sich im Laufe der Jahre aus medizinischen, rechtlichen, ethischen und moralischen Überlegungen vieler gutwilliger Menschen entwickelt. Daran waren Vertreter vieler Institutionen beteiligt: Deutscher Bundestag, Bundesrat, Nationaler Ethikrat, Bundesgesundheitsministerium, Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer, Deutsche Transplantationsgesellschaft, Deutsche Stiftung Organtransplantation (in großer Zahl aus organtransplantierten Patienten bestehend), um nur die wichtigsten zu nennen.

Bild zum Thema Organspende

TPG bestimmt, dass die Organe nach dem Eintritt des Hirntods, also dem Erlöschen der Funktion des gesamten Gehirns, des Mittelhirns, des Kleinhirns, des Stammhirns und des Großhirns (Bewusstsein!) entnommen werden dürfen. Die Diagnose des Hirntods ist heutzutage sehr genau. Sie wird von zwei unabhängig arbeitenden Neurologen Teams durchgeführt.

Man setzt den Hirntod mit dem Tod des Menschen gleich, wenn also die Integration der Organe zu einem ganzheitlichen Organismus unwiderruflich zerfallen ist. Fallen die Funktionen des Zentralnervensystems aus, so tritt auch das Versagen des Herz-Kreislauf-Systems und damit der Tod unwiderruflich ein, es sei denn, man hält die Funktion des HKS durch eine künstliche Beatmung bzw. eine Herz-Lungen Maschine und andere Methoden aufrecht. Dann lebt der Leib ohne Gehirn mittels technischer Mittel weiter. Dies ist der Fall, wenn man bei einem hirntoten Menschen Organe entnehmen möchte.

In den Niederlanden gibt es dagegen eine andere Regelung, nach der die Organentnahme sowohl nach der Feststellung des Herztodes als auch im Falle des assistierten Suizids (die Tötung eines Menschen durch einen Arzt) erlaubt wird. Es herrschen dort also ganz andere ethische Voraussetzungen, als in Deutschland.

Der Satz des Pfarrers Stolp „Die Organtransplantation ist ein Fehler, weil sie dazu zwingt, einen sterbenden Menschen zu missbrauchen (!) oder Schaden an einem gesunden Menschen anrichtet“, ist vielleicht von seiner sehr emotionalen Einstellung zum Thema diktiert worden. Sie basiert aber nicht auf den aktuellen sachlichen und beweisbaren Überlegungen. Allein der Terminus „Missbrauch“, das nach dem Deutschen Strafgesetzbuch eine Straftat bedeutet, ist hier sehr unüberlegt benutzt worden. Die Organentnahme wird durchgeführt nur unter der Voraussetzung, dass diese eingewilligt worden ist, entweder von den Angehörigen oder von der betroffenen Person selbst, im Fall der Lebendspende (z.B. Niere). Diejenigen, die nicht spenden wollen, tun es nicht.

Auch die Aussage des zitierten sogenannten „Fachmann auf dem Gebiet der Organspende“, David W. Evans, einem britischen Kardiologen, der sich in den 60er und 70er Jahren mit der Nierentransplantation befasste und seit 1989 im Ruhestand lebt, ist nicht zeitgemäß und entspricht nicht dem heutigen Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft. Seine Behauptung, „dass das Herz und Teile des Gehirns im Moment der Organentnahme noch arbeiten“, ist unwahr. Ich halte diese Behauptung sogar für schädlich, weil es möglicherweise die ernste und tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Thema bei denjenigen verhindert, die noch nicht mit dem Thema Organtransplantation konfrontiert waren. Es schadet auch den Patienten, die manchmal Monate oder Jahre unter unerträglichen psychischen und physischen Schmerzen auf ein lebensrettendes Spenderorgan warten.

Es ist selbstverständlich, dass ein plötzlicher Tod eines Menschen eine Tragödie für die Angehörigen darstellt. In dieser dramatischen Situation werden sie zugleich mit der Frage belastet, ob sie einer Organentnahme zustimmen, wenn der potentielle Spender nicht eine eindeutige Einwilligung gegeben hat.

Es ist sehr wichtig, dass möglichst alle Menschen sich Gedanken über die Organspende machen und eine Entscheidung treffen, ohne dem moralischen und seelischen Druck zur Organspende ausgesetzt zu sein. Es ist sehr empfehlenswert, dass jeder einen Organspende Ausweis bei sich trägt. Dabei sollte man wissen, dass man auf diesem Ausweis auch „NEIN“ ankreuzen kann und auch eine Entscheidung über die Entnahme spezifischer Organe und Gewebe treffen kann.

Die Organe verwesen, wenn sie nicht gespendet werden. „Wenn Sie sie spenden, schenken Sie damit neues Leben. Mit jedem Organ wird ein Leben gerettet. Bei Leber und zwei Nieren sind es sogar drei Menschen, denen Sie eine neue Perspektive schenken, obwohl Sie selber mit diesen Organen nichts mehr anfangen können.“*

Eine Organspende hat immer zwei Seiten: Geben und Nehmen, Spender und Empfänger, Trauer und Hoffnung, Sterben und Überleben. Selten ist das Schicksal zweier Menschen so existenziell miteinander verbunden. Die Frage - bin ich bereit, im Falle meines Todes Organe zu spenden - muss jeder für sich selbst beantworten.

"Nach christlichem Verständnis ist das Leben und damit der Leib ein Geschenk des Schöpfers, über das derMensch nicht nach Belieben verfügen kann, das er aber nach sorgfältiger Gewissensprüfung aus Liebe zum Nächsten einsetzen darf", so die gemeinsame Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland 1990. Die Verabschiedung des Transplantationsgesetzes 1997 wurde von beiden Kirchen begrüßt und die Organspende als ein Akt der Nächstenliebe nochmals genannt. Herrn Pfarrer Stolp ist diese Einstellung offensichtlich nicht bekannt.

Eine andere „Frage in Zusammenhang mit Organspenden“, die in der Buchrezension sehr ausführlich besprochen wird, ist die Frage „inwieweit sich der Charakter oder das Wesen des Empfängers verändert“.

Mit Prof. Wolfgang Albert, seit 1987 Leiter des Funktionsbereiches Psychosomatische Medizin im Deutschen Herzzentrum Berlin habe ich ein Gespräch geführt. Er begleitete tausende von Patienten vor und nach der Herzoperation. Prof. Albert ist ein Gründer des ersten Medical-Psychology Instituts in Europa. Das Thema Organtransplantation, (Herz-/Lunge-/Leber- und Nierentransplantation), das bei vielen Erkrankungen in Kombination notwendig ist, ist dem erfahrenen Psychologen ein vertrautes, in vielen Aspekten bekanntes Thema.

Die Untrennbare Verbindung, fachlich Verschränkung genannt, zwischen dem Körper und den psychischen Prozessen steht im Sinne einer ganzheitlichen Medizin im Mittelpunkt der Psychosomatik. Aus der aktuell geltenden wissenschaftlichen Sicht übertragen die für die Organtransplantation entnommenen Organe kein Bewusstsein, weil das Bewusstsein nicht mehr in dem Körper eines toten Menschen vorhanden ist. Wer, wie der Pfarrer Stolp das Gegenteil behauptet, der verleugnet den Tod. Eine spirituelle Auseinandersetzung mit dem Tod wäre ihn nicht zu verleugnen, sondern ihn als unwiderrufliche Tatsache und Notwendigkeit anzunehmen und akzeptieren.
In manchen Ländern herrscht bis heute eine archaische Sichtweise, die im Zusammenhang mit den alten Weltkulturen und der griechischen Mythologie in Europa entstand. Sie sagt, dass die Seele mit dem Herzen verknüpft ist und demnach das Herz als ein Träger des Bewusstseins betrachtet wird. Es gibt auch eine, leider immer noch sehr starke Tendenz, die Urängste des Menschen vor Geistern und Gespenstern für kommerzielle Zwecke zu nutzen.

Die modernen wissenschaftlichen Erkenntnisse bezeugen, dass Herz, Leber, oder andere Körperteile nichts mit den Geisteszuständen zu tun haben. Prof. Wolfgang Albert erklärt, dass Wesens- und Charaktereigenschaften des Organempfängers sich mit Sicherheit nicht verändern. Es können zwar unter der Wirkung der Immunsuppressiva (Medikamente, die eine Abstoßungsreaktionen verhindern sollen) häufig Stimmungsschwankungen und Depressionen auftreten, die aber später mit der Reduktion der Anfangsdosierung seltener werden. Patienten, die 20 oder 25 Jahre mit einem transplantierten Organ überlebt haben, berichten, dass sie keine psychischen Probleme mehr haben und ein völlig normales Leben führen können.

Die „zuhauf“ auftretenden, „konkreten, eindeutigen Beweise“, die Herrn Stolp glauben lassen, dass zwischen Spender und Empfänger „eine Art inneres Band“ entsteht, müsste man aufmerksam analysieren und sich darüber genauer informieren, was Herr Stolp offensichtlich nicht getan hat.
An dieser Stelle werde ich das Thema nicht vertiefen, möchte ich aber darauf hinweisen, dass die im Buch zitierte Aussage einer Empfängerin: „Ich erlebe in mir die Gegenwart eines anderen Wesen“ eher mit der Existenz der paranormalen Phänomene, wie des Hellsehen, oder der Telepathie erklärbar sein könnte. Die Phänomene, die für jemanden, der sich als spiritueller Lehrer betrachtet, als verständliche Ereignisse bekannt sein müssten. Für das Auftreten dieser Phänomene gibt es parapsychologische Erklärungen (z.B. Walter von Lucadou). Sie werden dargestellt als die quantenmechanischen Prozesse, bei welchen die Informationen als Signale in Form der Elementarteilchen übertragen werden.

Ich hoffe, dass mein Beitrag den Reiki Magazin Lesern zu Verfügung gestellt wird. Als Reiki Meisterin und Lehrerin begleite ich oft mit der Reiki Behandlung die betroffenen Patienten. Sowohl diejenigen, die auf ein Spenderorgan warten, als auch solche, die als potentielle Spender mittels technischer Mittel künstlich am Leben gehalten werden. Mit dem Thema Organspende setze ich mich seit 30 Jahren auseinander, nicht als Schulmedizinerin, sondern als mitfühlender Mensch in unserer Gesellschaft. Reiki gibt uns die Möglichkeit, den kranken Menschen im ganzheitlichen Sinne Hilfe zu leisten. Statt die Erfolge der modernen Medizin schlecht zu reden, sollten wir uns bemühen, dass geschulte Mediziner unseren Reiki Beitrag akzeptieren und annehmen. Dafür möchte ich einen Beitrag leisten. (Es ist auf jedem Fall mein Ziel.)

Magdalena Hetzer
Reiki Meisterin und Lehrerin
05.02.2017

*Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Eckhard Nagel, Transplantationsmediziner, Philosoph, Mitglied des Deutschen Ethikrates im Gespräch „Ich bin ein Gott geliebter Mensch“ (Deutschlandradio Kultur, 17.01.2017).